Die Kirchschlager Agrargemeinschaft
Um eine Gemeinschaft besonderer Art hinsichtlich ihrer Bedeutung für die menschliche Gesellschaft richtig beurteilen zu können, genügt es nicht, von ihr bloß eine flüchtige Skizze ihres gegenwärtigen Zustandes zu zeichnen. So manche Eigenarten und Besonderheiten einer solchen Organisation werden einem nämlich erst dann voll verständlich, wenn man etwas darüber weiß, wie diese Gemeinschaft entstanden ist und im Laufe der Zeiten sich weiter entwickelt hat.
Bezüglich der Agrargemeinschaften, um die es sich hier handelt, ist es auch wichtig, zu wissen, warum es diese nicht überall gibt. Es waren nämlich ganz bestimmte örtliche und zeitliche Voraussetzungen, die das Entstehen von Agrargemeinschaften ermöglichten; diese waren aber nicht an allen Orten gegeben.
Um dies ganz zu verstehen, müssen wir allerdings in der Geschichte weit zurückgehen bis in jene Zeit, da eine intensivere Besiedlung der Alpenländer erfolgte. Denn solange noch überall Land in reichem Maße zur Verfügung stand, bedurfte die Nutzung von Grund und Boden im allgemeinen noch keiner besonderen Regelung. Das gilt vor allem für den Wald, der bei der zunächst überaus spärlichen Besiedlung in solchem Überfluss vorhanden war, dass sich jeder Siedler daraus Holz nehmen konnte, soviel er für seinen Bedarf brauchte, ohne dadurch die Rechte anderer zu beeinträchtigen.
Auch die Bewirtschaftung der Felder gab anfangs nur selten Anlass zu irgendwelchen Streitigkeiten, da das Land so dünn besiedelt war, dass die Möglichkeit nachbarlicher Streitigkeiten auf ein Mindestmaß herabgesetzt war. Soweit man nämlich nicht überhaupt in der „Einschicht“ in einem Einzelhof hauste, hielt man auch in den aus wenigen Häusern bestehenden Weilern und in den locker als Haufendorf angelegten Siedlungen genügend Abstand voneinander, so dass jeder reichlich Raum zur Entfaltung seines wirtschaftlichen Lebens hatte. Noch gab es vielfach noch keine scharfen Grundstücksgrenzen und auch von einer planmäßigen Dorfanlage ist in dieser Frühzeit der Besiedlung noch keine Rede. Es handelte sich eben um bloße Streusiedlungen, wobei selbst das sogenannte Haufendorf mehr oder weniger nur eine Ansammlung von Einzelhöfen darstellte.
Wir dürfen jedoch in diesen ersten Dorfformen nicht bloß eine räumliche Zusammenfassung von Gehöften sehen, sondern müssen darin zugleich auch einen – wenn auch zunächst bloß lockeren – Zusammenschluss von Siedlern erblicken. Es sind die Nachbarn, die hier – zumindest ideell – zusammenrückten, jene Nachbarn, denen damals in den Anfängen zivilisatorischer Entwicklung für das Zusammenleben der Siedler einmalige Bedeutung zukam. Mag nämlich auch zu jener Zeit die Wirtschaft des einzelnen Bauern vorwiegend auf Selbstversorgung und Selbsthilfe abgestellt gewesen sein, so ergaben sich doch immer wieder Probleme, die einer allein nicht zu meistern vermochte. Da fielen gelegentlich Arbeiten an, deren Bewältigung die Kräfte des Einzelnen überstieg, oder es traten Unglücksfälle, Krankheiten, Elementarschäden u. ä. ein, denen man nur mit fremder Hilfe wirksam begegnen konnte. Hier griff die Hilfe der Nachbarn ein, die sich im Laufe der Zeit im Bereich der Höfegruppen und Weiler allmählich zu lockeren Nachbarschaftsverbänden und schließlich zu echten Dorfgenossenschaften zusammenschlossen. Wir haben somit in der „Nachbarschaft“ eine nachbarliche Vorstufe der Gemeindebildung zu sehen.
Die geschilderte Entwicklung erfuhr mit der Zeit durch die allmähliche Verdichtung der Besiedlung eine wesentliche Förderung. Sobald nämlich aus den lockeren Siedlungsformen von Einzelgehöften, Hofgruppen und Weilern Dörfer geworden waren, trat durch das Zusammenwachsen von Kleinsiedlungen eine Intensivierung des menschlichen Beisammenseins ein, die eine verstärkte Planung des Wirtschaftslebens erforderte. Dies war solange nicht nötig gewesen, als landwirtschaftlich nutzbarer Boden noch hinreichend zur Verfügung stand und vor allem durch die Rodung eines schier unerschöpflichen Waldbestandes jederzeit relativ leicht vermehrt werden konnte. Je dichter aber die Besiedlung wurde, je mehr man sich aus Gründen der Rationalisierung der Bodennutzung zusammenschloss, umso mehr bedurfte es einer einheitlichen Planung größeren Umfanges. Dies zeigte sich vor allem dort, wo man zur Dreifelderwirtschaft überging, die ein weitgehendes Miteinanderwirtschaften der Dorfgenossen erheischte.
Die Dreifelderwirtschaft hatte die Aufteilung der gesamten Feldflur eines Dorfes in drei Großfelder (Zelgen) zur Voraussetzung, die in jährlichem Wechsel dem Anbau des Sommer- und Wintergetreides sowie der Brache gewidmet waren. Dadurch entstand eines dörfliche Feldgemeinschaft mit Flurzwang. Eine andere Fruchtfolge, die von der allgemeinen abwich, war untersagt und die Nutzung des Ackerlandes an feste, für alle Bauern des Dorfes verbindliche Regeln gebunden. Das bedeutete für den Einzelnen naturgemäß einen gelegentlich schwer erträglichen Zwang und eine wesentliche Einschränkung seiner wirtschaftlichen Gestaltungsmöglichkeiten. Der durch das starke Anwachsen der Bevölkerung vermehrte Bedarf an landwirtschaftlichen Gütern konnte jedoch, sobald zusätzliche Anbauflächen nicht mehr vorhanden waren, nur mehr durch eine Intensivierung der Bodennutzung befriedigt werden, wofür sich unter den damaligen Verhältnissen mehr oder weniger nur die Einführung der Dreifelderwirtschaft als Lösung des Problems darbot.
Es ist daher verständlich, dass sich etwa ab Beginn des 12. Jahrhunderts die Dreifelderwirtschaft allgemein verbreitete. Stellte sie doch gegenüber den älteren Formen der Bodennutzung, unter denen vor allem die ungeregelte Feldgraswirtschaft vorherrschte einen bedeutenden Fortschritt dar. So erhöhte die neue Form des Fruchtwechsels die Getreideerträge beträchtlich, wobei die Ertragssteigerung von Wirtschaftshistorikern bis zu 50 v. H. geschätzt wird. Auch wurden nun die Arbeiten des Pflügens, Säens und Erntens über das ganze Jahr verteilt und dadurch die bäuerliche Arbeit erheblich rationalisiert.
Die geschilderten Vorzüge der Dreifelderwirtschaft machen es erklärlich, dass man an dieser Form der Bodenbearbeitung nahezu 1000 Jahre festhielt, eine Tatsache, die uns zugleich ein eindrucksvolles Beispiel dafür bietet, dass durch gemeinschaftliche Arbeit selbst durch Jahrhunderte Großes geleistet werden kann. Übrigens bedeutete die Dreifelderwirtschaft die umfangreichste Gestaltung einer Agrargemeinschaft, da sich die gemeinschaftliche Nutzung nicht nur auf die gemeinsamen Weiden und Wälder, sondern auch auf die gesamte Feldflur erstreckte. Dabei blieben im Altsiedelland die Eigentumsrechte der einzelnen Bauern an den Ackerparzellen meist erhalten, während bloß deren Nutzung durch die Bestimmungen des Flurzwanges eingeschränkt wurde. Dagegen erhielt in den ab dem 11. Jahrhundert neu geschaffenen Rodungssiedlungen jeder Siedler an den einzelnen Großfeldern einen möglichst gleich großen Anteil zur Nutzung zugewiesen. Dort, wo es sich durchwegs um gleichwertigen Boden handelte, war bei dieser Aufteilung kein Dorfgenosse gegenüber dem anderen bevorzugt oder benachteiligt, was dazu führte, dass die einzelnen Ackerstreifen dauernd in der Nutzung der Besitzer desselben Hofes verblieben und schließlich deren Sondereigentum wurden.
Anders war es dagegen dort, wo die natürliche Beengtheit und die verschiedene Güte des zur Verfügung stehenden Bodens eine Zuteilung möglichst gleichwertiger Ackerstreifen unter die Siedler nicht ermöglichte, so dass sich eine gewisse Benachteiligung mancher Dorfgenossen bei der Fluraufteilung nicht vermeiden ließ. In diesen Fällen nahm man keine dauernde Aufteilung der Flur, sondern bloß eine solche auf Zeit vor, wobei man zur Vermeidung bewusster Benachteiligungen den Weg der Verlosung beschritt. Nach einigen Jahren wurde dann wieder eine Neuverteilung durch Verlosung vorgenommen. So wurde beispielsweise auch in Kirchschlag die Fluraufteilung von allem Anfang an durchgeführt, wenn uns auch aus der ältesten Zeit, die überall an Urkunden arm ist, ausdrückliche Nachrichten darüber fehlen. Immerhin meldet uns das Kirchschlager Marktgedenkbuch hinsichtlich der Gemeindeäcker, dass am 16. Mai 1647 die „ganze Gemein“ ausgeteilt worden sei. Ebenso wurde es dann bis ins 20. Jahrhundert hinein gehalten, bis schließlich im Jahre 1960 die Äcker der Agrargemeinschaft in das Eigentum der einzelnen Mitglieder übertragen wurden. Bis zu diesem Jahr stand somit in Kirchschlag auch die Feldflur noch im Eigentum der Gemein!
Zum Unterschied von der Feldflur, die in vielen Orten trotz Dreifelderwirtschaft im Privateigentum der einzelnen Gemeinschafter verblieb, wurden die gemeinsam genutzten Wälder und Weiden stets der Gemeinschaft zugerechnet. Dieser Teil des Siedlungsbereiches heißt in anderen Gegenden des deutschen Sprachgebietes vielfach Allmende, in Niederösterreich aber überwiegend „Gemein“, mundartlich „Gmoa“. Es ist das der allgemeinen Nutzung unterworfene Land, das allen „gemein“ ist, d. h. allen gehört. Zu dieser Gemein zählen die gemeinschaftlich genutzten Wälder und Weiden, Straßen und Wege im Dorf, alle Gewässer, Bäche und Teiche, überhaupt alle wirtschaftlichen Objekte, die zur Wirtschaftsführung in der Siedlung unbedingt notwendig sind.
Zweifellos stellte die Gemein zunächst bloß einen Personenverband rein wirtschaftlicher Art, also eine Agrargemeinschaft dar. Sie war genossenschaftlich organisiert und wurde von einem Dorfrichter geleitet, der in den mit Marktrecht ausgestatteten Siedlungen die Bezeichnung Marktrichter trug. Auch später, als sich die Dorfgenossenschaft allmählich zur Dorfgemeinde entwickelte, ist sie im Kern immer ein Wirtschaftsverband geblieben. Da sich jedoch aus dem Zusammenleben von Menschen in einem bestimmten örtlichen Bereich zwangsläufig eine Fülle von rechtlichen und sozialen Beziehungen und Spannungen sowie von Bedürfnissen aller Art ergeben, die der Regelung durch eine Obrigkeit bedürfen, wuchsen der Gemeinde allmählich zahlreiche Aufgaben zu, die über eine bloße Ordnung des wirtschaftlichen Bereichs weit hinausgingen. Es handelte sich dabei vor allem um Angelegenheiten der Friedensregelung, des Feuerschutzes, des Straßenbaues, der Armenfürsorge u. ä., somit um Aufgaben, deren mühevolle Besorgung der Grundherr meist nicht ungern der Dorfgemeinschaft überließ, da er selbst sich in erster Linie um die herrschaftlichen Abgaben kümmerte, an dem internen Leben seiner Untertanen im allgemeinen aber nur geringes Interesse hatte. Von dem Zeitpunkt aber, da die Dorfgenossenschaft über die Gemeinnutzung hinausgehende Befugnisse übernimmt, ist es richtig, von einer Dorfgemeinde zu sprechen.
Diese alte Dorfgemeinde, die in Orten mit Marktrecht Marktgemeinde hieß, darf jedoch nicht der heutigen politischen Gemeinde gleichgesetzt werden, welche die Körperschaft eines bestimmten Territoriums ist. Dagegen war die alte Gemeinde die Genossenschaft der in einer Ortschaft ansässigen Haus- und Hofinhaber und ist es mehr oder weniger bis 1848 geblieben.
Als dann durch das Gemeindegesetz vom 17. März 1849 in Österreich die moderne Ortsgemeinde geschaffen wurde, deckte sich diese in den meisten Fällen weder dem räumlichen Umfang nach noch auch rücksichtlich des erfassten Personenkreises mit den alten Bauern- und Bürgergemeinden, bei denen nur bestimmte Hausbesitzer Vollberechtigte Gemeindemitglieder waren. Die alte „Gemein“ konnte daher nicht einfach als Besitz der neu gebildeten Gemeinde deklariert werden. Daraus ergaben sich nicht geringe Probleme, die zunächst vielfach nicht völlig klar erkannt wurden.
So war es beispielsweise auch in Kirchschlag, wo man noch durch einige Jahrzehnte die alte Agrargemeinschaft als „Marktgemeinde“, dagegen die neue, auf Grund des Gemeindegesetzes geschaffene Gemeinde als „Ortsgemeinde“ bezeichnete. Noch im Jahre 1871 schrieb Zickero bezeichnenderweise in seiner Ortschronik: „Da die Ortsgemeinde Kirchschlag erst im Jahre 1849 durch Hinzugesellung einiger Häuser, die früher in anderen Gemeindeverbänden waren, entstanden ist und diese neu hinzugekommenen Gemeindemitglieder keinen Anspruch auf das seit Jahrhunderten erworbene Gemeinde-Eigentum des Marktes Kirchschlag haben, so musste demnach auch seit jener Zeit eine doppelte Rechnungsführung, und zwar eine für die Marktgemeinde, die andere für die Ortsgemeinde eingeführt werden und muss solche auch weiter noch fortbestehen.“
Wie wenig man zwischen der alten „Marktgemeinde“ und der jungen „Ortsgemeinde“ zu unterscheiden wusste, zeigt sich schon daraus, dass man bei Konstituierung des neuen Gemeinderates im Jahre 1850 einfach den bisherigen Marktrichter Johann Müller zum Bürgermeister wählte, wobei man offenbar der Meinung war, dass mit dieser Umbenennung des Spitzenmannes der Ortsobrigkeit der neuen Gemeindeordnung Genüge getan sei und im übrigen alles andere beim alten gelassen werden könne. Man dachte daher auch gar nicht daran,für die alte „Marktgemeinde“ eine besondere Organisation zu schaffen, sondern beschränkte sich darauf, deren Vermögen gesondert von dem der neuen Ortsgemeinde zu verwalten, was selbstverständlich die Organe der neuen Gemeinde besorgten, da die alte „Marktgemeinde“ ja gar keine eigenen Organe mehr besaß.
Dieser Zustand dauerte bis in das erste Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts, bis schließlich die n. ö. Statthalterei zwecks Klärung der Rechtsverhältnisse das sogenannte Regulierungsverfahren einleiten ließ, in dem festgestellt wurde, dass sich an dem Genossenschaftsbesitz, der sich im Eigentum der Besitzer von 103 Häusern im Markte Kirchschlag befindet, der Gemeinde Kirchschlag keinerlei Rechte zustehen. Hierauf wurden die Besitzer der 103 anteilsberechtigten Häuser im Jahre 1911 zu einer Genossenschaft unter der Bezeichnung „Marktgenossenschaft Kirchschlag“ vereinigt. Zum Obmann wurde nach alter Tradition der damalige Bürgermeister (Anton Kindl) und zu Ausschussmitgliedern einige Gemeinderatsmitglieder gewählt und diese Personalunion an der Spitze der beiden Gemeinschaften bis zum Jahre 1924 beibehalten.
Seitdem ist die genannte Genossenschaft, die heute die Bezeichnung „Agrargemeinschaft Kirchschlag“ trägt, auch personell mit der Ortsgemeinde, die sich nunmehr unbestritten „Marktgemeinde Kirchschlag“ nennen darf, nicht mehr verbunden. Sie ist gegenwärtig, da die gemeinschaftlichen Äcker im Jahre 1960 in das Eigentum der einzelnen Mitglieder übertragen wurden, im wesentlichen nur mehr eine Waldgenossenschaft. Damit ist aber gerade jener Teil des gemeinsamen Besitzes in der Agrargemeinschaft verblieben, der seit eh und je der gemeinschaftlichen Nutzung unterworfen war, was wir insbesonders vielen Weistümern (Banntaidingsbüchern) entnehmen können, die zahlreiche Vorschriften über die Nutzung des Gemeinschaftswaldes enthalten.
Dass gerade der Wald bei einer großen Anzahl von Miteigentümern auch heute noch gemeinschaftlich genutzt wird, scheint mir wirtschaftlich wohl begründet. Denn eine Waldwirtschaft, die angemessene Erträge abwerfen soll, erfordert zweifellos Nutzflächen größeren Ausmaßes. Würde die Agrargemeinschaft Kirchschlag ihren Besitz unter ihre 83 Mitglieder aufteilen, entfielen auf einen rund zwei Hektar Wald. Wir hätten dann in Kirchschlag 85 Kleinstwaldbesitzer, von denen bestenfalls 10% einigermaßen darüber Bescheid wüssten, wie man einen Wald bewirtschaftet, Erschöpft sich doch eine Waldwirtschaft nicht einfach darin, dass man die Bäume wachsen lässt und sie dann schlägert, wenn sie nach einigen Jahrzehnten hiebreif geworden sind. Was benötigt allein schon die Walderschließung und Aufforstung für einen großen Aufwand an Mühe und Kosten! Darauf folgen laufende Aufwendungen für Durchforstungen, Insektenbekämpfung, Umweltschädenverhütung und viele andere Aufgaben, denen ein Kleinstwaldbesitzer vielfach kaum gewachsen ist. Vor allem ist es aber auch höchst unwahrscheinlich, dass er aus seinem winzigen Waldbesitz auch angemessene Erträge herauswirtschaften kann. Nach einer alten Schulregel trägt der Wald auf Messbandlänge vom Waldrand bloß die Hälfte des normalen Ertrages. Bei 83 Kleinstwaldparzellen fällt jedoch auf diesen Streifen geringeren Ertrages ein ganz erheblicher Anteil. Dazu kommt aber noch die Anlage eines engmaschigen Wegenetzes zur Ausbringung der Holzernte als weitere wesentliche Ertragsminderung. Somit lässt sich ein gutes Wirtschaftsergebnis beim Kleinstwaldbesitzer nur schwer absehen.
Wenn daher die Mitglieder der Kirchschlager Agrargemeinschaft an der gemeinschaftlichen Waldnutzung festhalten, so geschieht dies nicht nur auf Grund einer altehrwürdigen Tradition, sondern auch aus wohl begründeten wirtschaftlichen Erwägungen. Allerdings ist auch das Bewusstsein, in erprobten, von den Vorfahren überlieferten Bahnen weiterzuwirken, gleichfalls mitbestimmend. Heißt es doch mit Recht in Goethes Faust: „Was Du ererbt von Deinen Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen!“ Das gilt nicht nur für den Einzelnen, sondern auch für eine Gemeinschaft, weshalb ich zum Abschluss nur noch ein Zitat bringen will, das ich in einem alten Kalender aus der Buckligen Welt vom Jahre 1931 gefunden habe, in dem der langjährige Direktor der Kirchschlager Landwirtschaftlichen Schule, Ing. Franz Wolf, einen Aufsatz veröffentlicht hat, der u.a. folgenden Spruch enthält:
„Der Mensch allein ist nur ein Zwerg,
zu klein und schwach für ein großes Werk.
Nur wenn sich die Menschen zusammenschließen,
wachsen die Zwerge empor zu Riesen.
Was Großes entstanden ist aller Orten,
ist nur durch Gemeinschaft geschaffen worden“.
(Dr. Bruno Schimetschek, um 1990)